Die neun Sonnen

Der Ethnologe Stan Mumford hat von den Gurung in Nepal die Erzählung von den neun Sonnen überliefert: Danach fand ein Jäger einen Hirsch mit goldenem Geweih. Aber die Pfeile prallten an den Edelsteinen auf seinem Körper ab. Enttäuscht legte er sich schlafen. Im Traum erschien ihm ein Erdgeist und sagte: „Du kannst den Hirsch haben, aber nur, wenn du mir einen Fisch aus dem südlichen Tal und einen Vogel aus den nördlichen Bergen gibst.“ Der Jäger wachte auf und holte die beiden Gaben und gab sie dem Erdgeist. Darauf sah er die Spuren des goldenen Hirsches und folgte ihnen bis in die Unterwelt. Dort traf er auf die kleinen Leute. Die sagten: „Du kannst den Hirsch haben, aber nur wenn du uns einen kleinen Teil am Ausgang der Unterwelt ablegst.“

Nach drei Tagen fand der Jäger den Hirsch und erlegte ihn. Als er aus der Unterwelt hinausging, hielt er sich aber nicht an sein Versprechen.

Er ging nach Hause aber es war plötzlich extrem heiß, er sah überall tote Tiere, die in der Hitze verrotteten. Auch sein Sohn war an der Hitze gestorben. Die kleinen Leute aus der Unterwelt hatten neun Sonnen erschaffen.

Der Jäger erkundigte sich, wie er die zusätzlichen Sonnen entfernen könnte und stieß auf einen Vogel. Der Vogel sagte: „Wenn ihr mir erlaubt, auf dem großen Wunschbaum zu nisten, dann kann ich die Sonnen entfernen“. Alle Leute stimmten zu und gaben dem Vogel Gerste, Weizen, Mais und andere Körner. Der Vogel baute sich ein Nest so weit oben, dass ihn niemand stören konnte. Dort tanzte er die ganze Nacht, bis die neun Sonnen wieder auf eine reduziert waren.

Stan Mumford: Himalayan Dialogue: Tibetan Lamas and Gurung Shamans in Nepal, S. 71-72

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