Mosaikum 1.0
Von KerLeone


Mini Mosaik Ethnologisches Logbuch
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27.04.2004
Verwissenschaftlichung
Aus heutiger Sicht sehr komisch, wie Gusinde in seinem Übereifer die sexuellen Begriffe der Indianer in möglichst genauer Form, vermutlich noch genauer als es die Indianer selbst angeben wollten, ausdrücken will und natürlich auch um sein rein wissenschaftliches Ziel beim Umgang mit diesem prekären Thema zu unterstreichen, schließlich nur lateinische Begriffe verwendet und bei der Beschreibung der Waldgeister Yosi folgende Stilblüte produziert:
Noch mehr trachtet der Yosi nach Cohabitatio cum mulieribus. Er hat einen großen Penis, dieser ist aber trocken. Auch befriedigen diese ihre Lüsternheit cohabitando viros. Erst wenn ein vom Yosi vergewaltigter Mann nach dem tiefen Schlafe schwerfällig erwacht, merkt er die Erectio Penis und seine gereizte Libido, von der er im Schlafe nichts empfunden hat.
(Gusinde 1931, S. 701)

17.4.2004
Der Sohn der Wildnis und sein Problem mit dem Arbeitsrhythmus
Gusinde hat wirklich manchmal eigenartige Erklärungen, wenn man bedenkt dass er den folgenden Text 1931 geschrieben hat:
Aber für das Regelmäßige einer Tageseinteilung hat dieser Sohn der Wildnis weder den Verstand noch die ausreichende Nervenkraft. Man tut ihm unrecht, ihn ganz allgemein der Trägheit anzuschuldigen. Denn für unsern angespannten und alltäglich gleichen Arbeitsrhythmus müßten erst einige Geschlechterfolgen die Energie aufspeichern und diese ihren Erben weitergeben!
Gusinde I, S. 186

15.4.2004
Á la Fueguina
Neben den zahlreichen Grausamkeiten, die Farmer und Goldsucher bekannterweise am Ende des 19. Jahrhunderts unter den Feuerländern angerichtet haben, gibt es auch einige weniger geläufige. Teilweise wurden die Indianer in Ushuaia versteigert, die man zuvor von ihrem Land vertrieben hatten. Wer am meisten bot, konnte sich einen mit nach Hause nehmen. Es wurde sogar zu Mode bei bessergestellten Familien, sich Indianerkinder zuzulegen. Obwohl hier zwar soetwas wie Menschenfreundlichkeit die Ursache war, verstarben die Kinder trotzdem bald. An Masern, Keuchhusten und Lungenschwindsucht.
Verschleppte Frauen, die Goldsucher und Farmarbeiter bei ihren Raubzügen einfach mitnahmen, hielt man sich neben den einfachen Barracken aus Wellblech am Rio Grande oder Rio del Fuego in Zelten und Hütten. Dafür hatte man sogar einen eigenen Begriff, man nannte das dann Ehe "á la fueguina".
(Gusinde I, S. 163-165; mit zahlreichen Quellenbelegen)

12.4.2004
Die Kamera als Seelenfänger
Ich war mir ja schon längst nicht mehr sicher, in wie weit das Klischee vom Indianer, der sich nicht photographieren lässt, weil er eine Gefangennahme der Seele befürchtet, wirklich zutrifft. Auch wenn es sicher einige Indianergruppen gegeben hat, die diese Furcht hatten, hat sich das Klischee in unserer Wahrnehmung des Fremden mittlerweile so fest eingenistet, dass man es für eine allgemeingültige Angst aller Kulturen halten könnte, die nicht zu dem Kulturraum gehören, der die Kamera erfunden hat.
Zumindest bei Martin Gusinde und seiner Beschreibung der Feuerlandindianer von 1931 findet man diese Furcht aber aus erster Hand beschrieben:
Hier aber erwies sich mein Apparat nahezu als Schreckmittel für groß und klein, ich brauchte ihn nur zu zeigen und die ganze Gesellschaft stob auseinander. Später erklärten mir die Leute ihre Überzeugung, ich fange mit jenem Kästchen ihre Seele oder ihren Lebensgeist ein, der darin zugrunde gehe; weswegen sie selber sterben müßten.
(Gusinde I, S. 88)
Die Photos von benachbarten Gruppen, berichtet er, hätten sie sich aber dann doch sehr gerne angesehen.

10.4.2004
Globalisierungsgegner vor fast 100 Jahren
Martin Gusinde, Ethnologe aus dem frühen 20. Jahrhundert, über den Trend bei den Feuerlandindianern, zunehmend europäische Kleidung zu tragen:
Was diese Leute hier nahezu verunstaltet, sind die europäischen Kleidungsstücke, die ihnen geschmacklos um den stattlichen Körper hängen. (...) Die Frage der Zweckdienlichkeit lasse ich hier ganz beiseite. Aber die zum geschäftlichen Vorteile einiger weniger Fabrikanten nach allen Himmelsrichtungen ausgestreuten Hosen und Kleider für die Eingeborenen aller Farben und Größe gestalten diese schöne Welt unsagbar langweilig!
(Gusinde I, S. 72)
Auffallend ist, das bereits damals diese Kritik in zwei Richtungen vorstieß, die bei den heutigen Globalisierungsgegnern ebenfalls entschiedend sind und oft gemeinsam auftreten: Die Monopolisierung des weltweiten Handels und die darin gesehene Gefahr für marginale Kulturformen bzw. das daraus folgende Aussterben von traditionellen, lokalen Gütern.

1.4.2004
Feuerländer in München
Selbst nach München haben es am Ende des 19. Jahrhunderts einige Feuerländer geschafft, allerdings in einem eher traurigen Zusammenhang mit Hagenbeck, seinen Völkerschauen und einem Münchner Professor mit sehr zweifelhaften Forschungszielen, der in seiner Zeit bereits für eine Streitschrift über die geringere Hirnmasse von Frauen und der daraus folgenden geringeren intellektuellen Leistungsfähigkeit bekannt war.
Die Gruppe wurde von Kapitän Schweers mit dem Schoner Theben nach Europa gebracht und in Berlin im November 1881 der Öffentlichkeit vorgestellt. In München wurden dann einige dieser Gruppe (vier Männer, vier Frauen und zwei drei- und vierjährige Mädchen) untersucht. Neben der geistigen Armut, die er feststellte, interessierte sich der Münchner Anatomieprofessor vor allem für die Geschlechtsteile der Feuerländer. Über die Forschungen, die Theodor von Bischoff an den Feuerländerinnen anstellte, referieren 1913 Ploß und Bartels:
Nur unter Widerstreben konnte er zu einer sehr oberflächlichen Anschauung gelangen: selbst bei den kleinen drei- und vierjährigen Mädchen der Truppe war es ihm unmöglich, sich von dem Verhalten ihrer Geschlechtsteile zu überzeugen, da ihr eigenes Sträuben auch von der Mutter unterstützt wurde. Erst als die Feuerländer auf ihrer weiteren "Kunstreise" durch Europa an Erkältungskrankheiten wenige Wochen später in der Schweiz starben, konnte v. Bischoff die Untersuchung an ihren Leichen fortsetzen.
(Zitiert nach nach Theye 1985: Der geraubte Schatten, S. 263; Vgl. auch Gusinde 1974, S. 64 und 557)
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[26.04.2004] 
UKW-Leben (frei erfunden)
ukw_leben.jpg Wenn Lena einen neuen Mann kennenlernte, bemerkte sie schnell einige Disonanzen, die sie an alte, unglückliche Beziehungen erinnerten. Eigentlich war ihr ganzes Leben eine Art Frequenzband auf dem Radio, und sie suchte nach dem richtigen Sender. Solange sie keinen Sender hatte, war dieses ohrenbetäubende, schmerzhafte Rauschen, mit dem man unmöglich leben konnte und sie hastete zur nächten Station. Und wenn sie dort ankam, hoffte sie immer wieder aufs Neue, dass endlich ihr Lied gespielt wurde. Aber nach einigen Takten erkannte sie Altbekanntes, Verhaßtes, Unerträgliches. Und so drehte sie weiter am Knopf ihres Lebens und stürzte sich erneut in das Rauschen, auch wenn es wehtat.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 3]

[26.04.2004] 
Kerzen Horror Show
Von unübertroffener, spektakulärer Perversität sind immer noch die Kunststücke, die Insekten vollführen, wenn man ihnen abends eine Kerze hinstellt.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[26.04.2004] 
Track Error
Auch eine Form, auf einer Reise Spuren zu hinterlassen: In jedem Internetcafe eine Diskette mit persönlichen Texten vergessen. Allerdings würde ich jetzt gerne auch mal eine finden. Statistisch stände mit das bereits zu.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 1]

[26.04.2004] 
Heimweh (ganz allgemein)
Heimweh kommt ja oft sehr plötzlich. Es ist immer noch dasselbe Gefühl, wie wenn man als Junge zu weit in den Wald hineingelaufen ist. Das Ich unterliegt der Fremde, die man noch Sekunden vorher selbstbewußt für sich entdeckt hatte. "Was mache ich hier eigentlich?" fragt das Ich dann bohrend. "Ich gehöre hier nicht hin!" Und dann beginnt es, sich abzuwenden von der Umgebung, kehrt sich nach innen und beschäftigt sich ohne Zutun mit der Heimat: mit Freunden, mit Plänen für die Rückkehr oder, im Fall des Jungen im Wald, mit der Mutter. Manchmal hört das Ich damit wieder auf. Aber manchmal bleibt einem nichts anderes übrig, als den Körper dem Ich physisch hinterherzutragen, weil es zuerst anstrengend, dann schmerzhaft ist, wenn beide zu lange getrennt sind.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[23.04.2004] 
Widerlich
Ganz widerlich sind hier so Pflanzen, wenn man auf die drauftritt, fangen sie an zu stinken. Ganz fiese Strategie. Dagegen sind Dornen richtig straight forward.
Update:Diese Pflanzen machen mich psychisch fertig. Hört sorft auf zu stinken!!! Ich glaube ich bekomme schon Kopfweh davon! Man traut sich gar nicht mehr zu bewegen. Vegi-Terror!
|ö| = KerLeone [Kommentare: 5]

[23.04.2004] 
Was man lernen kann aus 18 Jahren Haft
Gestern wurde ein Israeli entlassen, der vor 18 Jahren einer Zeitung etwas über das israelische Atomprogramm erzählt hat. Kam auf der Deutschen Welle, ich bin wohl zu jung um das damals mitbekommen zu haben. Der Mann hat in dem geheimen Waffenreaktor der Israelis als Techniker gearbeitet. Nach seiner Entlassung kam er über die anglikanische Kirche zu der Überzeugung, dass ethisch sein vor allem ethisch handeln bedeutet. Dass das Gute nur durch die Tat vollzogen wird. Und weil er Atomwaffen mittlerweile für ein Verbrechen an der Menschlichkeit hielt, sagte er alle Details der Zeitung.
Vom israelischen Geheimdienst wurde er dann in einen Hinterhalt gelockt und zu 18 Jahren Haft verurteilt. 11 Jahre davon Einzelhaft. Nicht als Strafe, sondern eigentlich damit er nichts weitererzählt. Komisches Rechtsprinzip.
Und was für feige Hunde, die israelischen Politiker. Jemanden 11 Jahre in Einzelhaft geben, weil sie Angst vor der Wahrheit haben.
Was mich an der Sache beeindruckt ist, warum der Mann diese Angst ausgelöst hat. Er wußte ja, dass er damit Prbleme bekommen konnte. Wer anderes hätte vielleicht wegen dem Geld geplaudert, so jemand hätte nach einem Jahr Haft das Maul gehalten. Aber wenn jemand ganz fest entschlossen ist, dass etwas Richtig ist, und weiß, dass er tun muss, was Richtig ist, dann hält man ihn wohl nur mit 11 Jahren Isolationshaft auf. Das macht mir Mut!
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[23.04.2004] 
Grün und stinkt nach Fisch
Was ist grün,stinkt nach Fisch und kostet 22,50 in Größe M? Es ist eines der kurioseren Eigenheiten bei den großen spanischen und französischen Hypermärkten, dass die Kleiderabteilung oft direkt an die oft sehr umfangreich mit fangfrischem* Fisch belegte Fischabteilung angrenzt.
*(Fisch, der frisch war als er gefangen wurde)
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[23.04.2004] 
Komische Geräusche
Komische Geräusche hier. Ob es hier Hyänen gibt?
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[23.04.2004] 
Going Native
Ich hätte nie gedacht, dass ich empfänglich bin für diese Spinnerei, dass man den Indianern alles nacheifert, weil man sich eine besondere Harmonie mit der Natur erhofft oder einfach nur ein Abenteuer, und sei es das eines anderen Lebens. Vielleicht bin ich es auch immer noch nicht, hoffe ich zumindest. Aber wenn man den ganzen Tag in der freien Natur ist und dabei intensiv über Indianer liest, dann muss man manches einfach ausprobieren. Die Neugierde, gerade erlesene Kulturtechniken sofort selbst umzusetzen, ist zu groß. Es begann vor einer Woche, dass ich mir zwei dicke Kotletts kaufte, weil ich an Gusindes Texte über Guanakobraten am offenem Feuer und dem triefenden Fett einfach nicht mehr vorbeilesen konnte. Ich musste das wenigstens mit Schwein nachschmecken. Vielleicht war das ein bahnbrechendes Erfolgserlebnis. Das abendliche Lagerfeuer ist jetzt sowieso Pflicht, wenn Holz in der Nähe ist. Es gibt außerdem so eine ungewöhnliche Disonanz von dem blauen Leuchten des Laptops und dem roten Leuchten der Glut, so wie gerade jetzt. Ich habe mich auch einmal mit nacktem Oberkörper ans Feuer gesetzt, weil ich mir so schwer vorstellen kann, wie man es in Patagonien nur mit einem Fellmantel aushält. Nach Gusinde liegt es daran, dass sie den Mantel immer nur halb über der Schulter haben und die andere Hälfte direkt vom Feuer gewärmt wird. Mir war schnell zu kalt, trotz milden Klimas. Vielleicht geht es nur mit Guanakofellmantel, ein Parka über die eine Schulter ist vielleicht zu wenig.
Heute nachmittag habe ich mir eine Steinschleuder gebaut, genau wie von Gusinde beschrieben. Statt Leder mit einem Filzlumpen. Zuerst war ich begeistert, weil die Steine tatsächlich durch die dürre Steppe Murcias flirrten. Aber irgendwann bemerkte ich, dass ich sie genausoweit auch werfen konnte.
Dann kam das Kapitel über den Schmuck der Feuerlandindianer und ich bastelte textbegleitend ein Weidenbändchen. Es schmückt noch immer meinen Fuß, aber kratzt etwas.
Es ist allerdings noch nicht so schlimm wie bei Malinowski, der sich unter dem Eindruck des pazifischen Kunsthandwerks während einer Feldforschung für einige Zeit in einen enthusiastischen Hersteller von Schildpatt-Kämmen verwandelte und darüber seine eigentliche Arbeit vernachlässigte. Dennoch, das nächste mal werde ich jedenfalls einige ethnologische Theoriewerke mitnehmen, falls die Sache aus dem Ruder läuft, kann man sich damit wieder etwas beruhigen.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 3]

[19.04.2004] 
Mettigel-Horror
... auf dem Sofa
|ö| = KerLeone [Kommentare: 1]

[19.04.2004] 
Malorama beim Augenarzt
dann rief die arzthelferin noch ihre beste freundin susanne an und sang mit ganz ganz starkem deutschen akzent happy birthday to you in die telefonmuschel. oder heißt das jetzt anders, das da unten am telefonhörer, wo früher ganz viele löcher drin waren und seit ein paar jahren nur noch eines? und dann hat sie gesagt, mensch susanne, was hast du heute nur für ein kaiserwetter an deinem geburzeltag. und ich erbrach mich fast in meine lesezirkelzeitschrift
Wunderbarer Text mal wieder, hehe. Mehr bei Malorama
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[19.04.2004] 
Benidorm
Benidorm ist so schlimm, dass ich es mir unbedingt anschauen musste. Es ist, wie wenn man von allen Sehenswürdigkeiten Spaniens die Sehenswürdigkeiten wegnimmt (und alle Besucher unter 40 Jahren). Übrig bleiben Souvenirläden, Ramschläden, Keramikläden, T-Shirt-Boutiquen. Und scharenweise Rentner, ein Kurort ist nichts dagegen. Und Hotels, die in der Größe, aber nicht im Einfallsreichtum denen in Las Vegas entsprechen. Benidorm ist so schlimm, dass man nicht mal mehr Deutsche dort trifft. benidorm_strand.jpg
benidorm_space.jpg
|ö| = KerLeone [Kommentare: 2]

[18.04.2004] 
8000 Euro
Selbst wenn ich die 8000,- selber gezahlt haette, ich wuerde mich zusaetzlich schaemen, dass ich so viel Geld brauche, nur um 8 Stunden irgendwo schlafend herumzuliegen.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 1]

[18.04.2004] 
Ich Versager!
Wollte ich eine Orange vom Baum stehlen. Dann habe ich aber ein schlechtes Gewissen gehabt doch nur eine vom Boden aufgehoben.
Und dann war es eine Mandarine.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[18.04.2004] 
Leute am Strand

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[16.04.2004] 
Das Schicksal von Gopher
Das Internetprotokoll Gopher, das anfänglich eine starke Konkurrenz zur Idee des Web mit HTML und HTTP war, scheiterte aus einem ganz einfachen Grund, der bis heute jährlich in vielen Varianten im Internet wiederkehrt, und als erstes wohl bei der obskuren Internetidee Xanadu zuschlug: Es sollte plötzlich Geld kosten. Gopher war ein Informationsdienst, der Informationen nicht mit Links, sondern mit Menüs und Untermenüs auswählen ließ. 1993 beschloss die Universität von Minnesota, an der es entwickelt worden war, für die Nutzung von Gopher von Firmen, die es nutzen, Lizenzgebühren zu verlangen. Tim Berners-Lee schreibt dazu in seinem Buch Web-Report einige erinnerungswürdige Zeilen (S. 115):
Die Industrie ließ Gopher wie eine heiße Kartoffel fallen. Die Programmierer wußten, daß sie nichts tun konnten, was möglicherweise mit dem Gopher-Protokoll in Verbindung gebracht werden konnte, ohne sich zuerst mit ihren Rechtsanwälten zu besprechen.
Der Fall Gopher veranlasste Tim Berners-Lee dazu, so schnell wie möglich die völlige Urheberrechtsfreiheit von seiner Webentwicklung zu veranlassen (S. 116; man sieht, dass das keine Selbstverständlichkeit ist, dass wir heute HTML benutzen dürfen):
Am 30. April erhielten Robert und ich eine Erklärung, die mit einem Stempel des CERN versehen und von einem der Direktoren unterzeichnet war. Das CERN stimmte der unbeschränkten und kostenlosen Verwendung des Web-Protokolls, der Erstellung von Servern oder Browsern und deren Weitergabe oder Verkauf zu. Wow!

|ö| = KerLeone [Kommentare: 1]

[16.04.2004] 
URL, URI und URD
Wer noch nie so richtig kapiert hat, was der Unterschied zwischen URL und der selteneren Bezeichnung URI ist, kann das in dem lesenswerten Buch vom Web-Erfinder Tim Berners-Lee nachlesen. Der versuchte nämlich schon vor der Gründung des W3C die Bestandteile des Web zu standardisieren, damit es nicht zu Problemen beim weltweiten Informationsaustausch kommt. Als wichtigstes schien ihm dabei die Standardisierung der Adressen. Eigentlich wollte er ja zunächst das Web vor allem als ein Mediator-Technologie von allen Dateiformaten und Übertragungsprotokollen sehen, und HTML und HTTP waren darin nur die Sprache, auf die alle Betriebssysteme und Rechner zurückgreifen konnten. Aber auch exotische Dateiformate und Protokolle sollten ihren Platz finden, und deshalb war die Standardisierung von Dokumentadressen so wichtig. Rückblickend etwas eigenartig erscheint es aber, dass man es für so wichtig hielt, dass man allein für den Namen dieser Standardisierung bei der Internet Engineering Task Force (IETF) lange Diskussionen führte. Tim Berners-Lee wollte das Ding Universal Document Identifier nennen, weil es alle Dokumente im Internet (nicht nur im Web) universell ansprechen können sollte. Das war den Leuten vom IETF aber zu weit gegriffen, weil sie das Web nicht als ein Metamedium im Internet sehen wollten, sondern als einen Teil davon. Schließlich machte Berners-Lee einen Kompromissvorschlag: Man sollte das Ding einfach Uniform Resource Identifier (URI) nennen. Man beschloss, eine Arbeitsgruppe dazu zu bilden.
Aber der Komprmiss hielt nicht lange. Den Leuten vom IETF war auch Identifier noch nicht korrekt genug. Sie waren der Meinung, dass dieser Name zu statisch klinge, obwohl sich Adressen von Dokumenten ja ändern können. "Locator" wäre passender. Tim Berners-Lee wollte das zwar nicht, aber das Wort setze sich dennoch durch, dafür nun wieder mit dem Vorsatz "Universal": Universal Resource Locator. Dieses Gezerre war möglicherweise ein Grund, warum Berners-Lee dann das W3C gründete. Und erklärt, warum man auf den Seiten des W3C immer noch von URIs spricht. Dazu Tim Berners-Lee: "Ich verwende die allgemeine Bezeichnung URI, um die Wichtigkeit der Universalität und der Dauerhaftigkeit von Informationen hervorzuheben.
(Tim Berners-Lee: Der Web-Report. S. 99)
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[13.04.2004] 
Das Zuspüren (frei erfunden)
barrio_gotic_barcelona.jpg Lena hatte oft gar nicht zugehört, wenn er über seine Musik sprach, von Punk und Revolution. Sie hatte ihm schon zugehört, aber in ihrer besonderen Art. Sie hatte den Kopf auf seine Brust gelegt, wenn er mit ihr diskutierte und seinem Herzschlag zugehört, oder dem Brummen seiner Stimme in seinem Körper, wenn von seiner eigenen Band sprach. Sie hatte ihm bei solchen Unterhaltungen auch nie wirklich geantwortet, sie hat dem Brummen und dem Herzschlag und dem ganzen Körper geantwortet, hat "Hmmmm" gesagt, oder "Ach so" und dabei viel mehr auf die eigenen Schwingungen und Muskelbewegungen geachtet, die sie damit auf ihn übertrug, als auf den Inhalt des Gesagten. Und wenn sie nebeneinander lagen, und er sprach, hat sie seinen Oberarm gespürt, aber auch hier war es ein aufmerksameres Spüren, auch hier hat sie seinem Körper "zugespürt", wie er sich bewegt, wie der warme Muskel Druck auf ihren Oberarm ausübte, während er die Welt verdammte, wie er hochging, wenn er eine Geste machte, oder zuckte, wenn seine Finger nervös mit der Zigarette spielten, während er redete von Anarchie und einer anderen Welt. Diese Art der Unterhaltung ging ihr nun am meisten ab. Ihr Körper verdummte sensorisch und diese Form der Einsamkeit übertrug sich auf ihr Gemüt. Abends, vor dem Einschlafen, wenn er besonders fehlte, berührte sie mit ihrem Oberarm die Decke, die an der Wand neben ihrem Bett anlag. Sie spürte Wärme und Widerstand, ihre Schulter sprach ihre Sprache an die Wand. Diese Art von Monolog war wenig gegen die Einsamkeit, aber half mehr als alles wirkliche Reden mit Freundinnen, vor allem zum Einschlafen. Dann erinnerte sie sich an ihn, sie fühlte ihn zurück, wie sich andere an Gesagtes erinnerten.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 4]

[13.04.2004] 
Österliche Eierphysik
Mich würde interessieren, warum immer nur ein Ei beschädigt wird, wenn man zwei hartgekochte zusammenhaut. Und wenn man dahintergekommen ist, sollte man das Prinzip für den Automobilbau verwenden.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 4]

[12.04.2004] 
Ein Schuh, Christbäumen und eine Lok
In zwei Tagen wäre da ein kaputter Schuh am Straßenrand gewesen, und ein großer Berg mit alten, eingeschnürten, niemals benutzten Christbäumen. Man hätte daraus - so professionell denkt man ja nach fast drei Jahren Weblog-Betreiberei - zwei nachdenklich Texte basteln können. Für die Kategorie "lustige Texte" hätte sich außerdem noch eine Diesellok angeboten, die mir auf der Landstraße entgegenkam (aufgebockt auf einem Schwerlasttransporter natürlich). War mir dann aber doch alles zu dumm. Nichtstun, vor sich hinfahren, den Kopf leerlaufen lassen ist ja auch ganz nett am Anfang.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[12.04.2004] 
Reiche, Normalos, Survivor und Kritiker
Gerade auf der Deutschen Welle eine sogenannte "Glosse" über Big Brother gehört. Es regt mich mittlerweile richtig auf, oder eigentlich freut es mich hämisch, wie sich viele aus der deutschen Halb-Intelektuellen-Liga mit ihrer Kritik entlarven und blossstellen. Indem sie sich nämlich mit ihrer ganzen Überheblichkeit an dieser harmlosen Sendung abarbeiten, und ihren Haß auf das vermeintlich dort entdeckte Durchschnittliche oder Unterdurchschnittliche entblößen. Natürlich gehört die Sendung kritisiert, aber sich darüber lustig machen, dass die Leute da einfach für Fernsehverhältnisse recht unspektakulär und unprofessionell vor sich hin plaudern, dass finde ich zum Kotzen.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[12.04.2004] 
Die Techno-Kultur von Montpellier
Habe vor einigen Tagen einen Art Mini-Love-Parade in Montpellier erlebt. Sehr eigenartig. Die Musik war diesselbe wie bei uns, aber die Tanzenden waren durchweg Punker, Rastfaris, Alternative. Zeigt, dass Jugendkultur sich tatsaechlich sehr unabhaengig bei verschiedenen Elementen bedient und Musik mit Kleidungsstil voellig vermischt.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[10.04.2004] 
Karfreitag
Und zum Karfreitag Fischstaebchen mit Kartoffelbrei aus irgendeinem Intermarché, was besseres ist mir nicht eingefallen. In Kosistenz und Geschmack war beides nicht voneinander zu unterscheiden. Aber das passt, der Karfreitag ist ja kein Jubeltag.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 3]

[10.04.2004] 
Brummli
Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli Brummli
(Insider-Gruß)
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[6.04.2004] 
Raus aus der Bücherei, sich an der Außenwelt reiben
lesereise_spanien_feuerstel.jpg Um dem April und seinem launischen Wetter zu entfliehen, mobilisiere ich meine Arbeitsstätte mal wieder für vier Wochen. Mit "Mefisto", dem ehemaligen Funkkoffer-LKW geht es diesmal nach Südfrankreich und Spanien. Wie im letzten Jahr wird dieses Weblog von unterwegs aus weitergeführt, da ich gerade beim Reisen einen schriftlichen Ausgabe-Kanal schätze. Dafür braucht "Mefisto" gar nicht mal seine alten Antennen und Agreggate aus der Zeit bei der Grenzpolizei anwerfen, heutzutage langt ja ein Handy und ein Laptop. Überhaupt ist das arbeitende und lesende Reisen für mich so produktiv und anregend geworden, und es fällt das Arbeiten dabei so leicht, dass ich mich jedesmal wundere, warum andere Leute es nicht auch machen, wenn sie zwar Fernweh aber keine Zeit für Urlaub haben.
Diesmal im Gepäck: die drei dicken Monographien von Martin Gusinde über die Feuerländer, die jetzt zur Fragestellung meiner Arbeit analysiert werden müssen.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 2]

[6.04.2004] 
Bei McDonalds
"In diesen McDonalds bin ich immer mit meinem Vater gegangen, deswegen wollte ich jetzt auch wieder zu diesem", sagte er. Sein Vater war vor einigen Jahren früh gestorben.
"Und ich", sagte ich, "war hier mit meiner Großmutter."
Die Situation drohte für einen Moment sentimental zu werden; und das versucht man natürlich in einer guten, sehr langen Männerfreundschaft zu verhindern. Er fügte also hinzu: "Weil wir immer nur zu diesem McDonalds gingen, wusste ich gar nicht, dass es noch andere gibt und das eine Kette ist, das habe ich erst später gemerkt."
"Wann?", fragte ich. "Mit 16? 19?", und lachte.
"Depp", sagte er grinsend.
[Und heute höre ich dieses wunderschöne, traurige Lied dazu, und muss wieder daran denken ... Sleepy California, von "Her Space Holiday.]
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]

[4.04.2004] 
Dickwerden und Altern
Die beiden Dinge, aus denen wir die größten Probleme machen - das Dickwerden und das Altern - sind den meisten Menschen auf der Welt gar nicht vergönnt.
George Michael in einem sehr sympathischen Interview.
|ö| = KerLeone [Kommentare: 1]

[1.04.2004] 
GMail
Google steigt jetzt auch in den Markt für kostenlose Email ein, berichtet Heise.
Der Stil der Pressemitteilung sowie die dort erwähnten Features des neuen Diensts ließen viele Redaktionen, so auch die von heise online, zweifeln, ob es sich nicht vielleicht um einen Aprilscherz handelt -- die Befürchtungen seien aber unbegründet, versicherten Sprecher von Google.
Das wundert mich nicht. Ein Gigabyte Speicher haben sie angekündigt. (Den braucht man ja heutzutage auch, wenn man vier Wochen in den Urlaub fährt, damit der SPAM unterkommt.)
|ö| = KerLeone [Kommentare: 0]
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Mit einer Erfindung vom Mai 1941 hat Konrad Zuse gezeigt, dass ein Rechner aus einer Ansammlung von Transistoren bestehen kann. Diese Webseite wird auf ihrem Bildschirm so angezeigt, weil einige Transistoren in Ihrem Rechner eine bestimmte Stellung einnehmen. Wenn Sie mit dem, was Sie gerade auf Ihrem Bildschirm erkennen, ein Problem haben, wenden Sie sich an die Transistoren in Ihrem Rechner. Falls Ihnen die Kontrolle über die Tranistoren in Ihrem Rechner entglitten ist und Sie mit den Darstellungen auf Ihrem Bildschirm unzufrieden sind, empfehle ich Ihnen, den Rechner auszuschalten. Ich dagegen sehe mich außerstande, Verantwortung für Transistorenstellungen in Ihrem Rechner zu übernehmen (ich kenne Sie ja gar nicht).