Mosaikum 1.0
Von KerLeone


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25.8.2003
Die Gedanken eines Kapitäns
Kapitän Fitz-Roy erläutert seine Kombüsenphilosophie: "My reason for entirely stopping the use of salt-meat, for a few days, was the belief that, at least, two or three days' change of diet is necessary to cause any real alteration in the system; and that it is better to give fresh provisions for three days in succession, and salt-meat during the remainder of three weeks, than to give fresh-meat at three seperate intervals in the same period."
(Parker King 1839, S. 221)

22.8.2003
Konsequent
"As it affords neither anchorage nor shelter, nor any other advantage for the navigator, we have named it Useless Bay."
(Kapitän King über die Expedition der Beagle, S. 125)

21.8.2003
Die sehr kurze Schiffahrt von Matrose Rix, der nicht schwimmen konnte
"On another occasion, two men set out on a shooting excursion", erzählt Kapitän Fitzroy von seiner Expedition in der Magellanstraße. Die zwei Matrosen kamen an einen Fluß, von dem sie meinten er wolle überschritten werden. Aber es kam keine geeignete Stelle, und deshalb "they launched a log of wood, and sitting astride, without providing themselves with a pole or paddle, pushed off from the shore, supposing it would go across; but, on reaching the middle of the stream, it was soo carried, by the current, out of the river, into the bay", wo Kapitän Fitzroy sein Zeltlager aufgeschlagen hatte. Der ein konnte sich schwimmend retten, weil er sah, dass der Holzstamm von der beginnenden Ebbe sogar noch weiter auf das Meer hinausgespült wird. Aber " the other, Rix, unable to swim, kept his place, and was carried out to sea on a voyage that might have been fatal, had he not been seen from the ship and saved by a boat."
(Fitzroy, S. 83)

19.8.2003
Im Entenfeuerland
Kapitän Fitzroy, der 1826 eine Expedition in Feuerland leitete, berichtet von folgendem Missgeschick:
"The day after the gale, while I was employed in making some astronomical observations, a party roamed in quest of game: but with little success, as they killed only a few wild ducks. The fire which they made for cooking communicated to the dry stubbly grass, and in a few minutes the whole country was in a blaze. The flames continued to spread during our stay, and, in a few days, more than fifteen miles along the coast and seven or eight miles into the interior were overrun by fire. The smoke very much impeded our observations, for at times it quite obscured the sun."
(Fitzroy: Voyage of the Adventure and Beagle, S. 3)

Guanacos, sagt Kapitän Fitzroy weiter auf S. 5 unter Berufung auf zoologische Literatur, suchen sich für "natural purposes" immer diesselben Flecken aus.

Von Neugier und Intelligenz
Es muss eine äußerst groteske und auch entwürdigende Erfahrung gewesen sein, die Mr. Sholl, Leutnant an Bord der Adventure machte, als er bei seinem Küstenspaziergang an der Magellanstraße eine Indianergruppe traf, die gerade aus ihren Kanus gestiegen waren und sich wenig später um ein Feuer gruppierten. Mr. Sholl kam immer näher und wollte mit ihnen Kontakt aufnehmen. Aber sie ignorierten ihn, saßen weiter plaudernd um ihr Feuer während er, vermutlich fassungslos, direkt daneben stand. In seinem Bericht wird Kapitän Fitzroy dieses Verhalten als Zeichen für Dummheit interpretieren: "This seeming indifference, and total want of curiosity, gave us no favourable opinion of their character as intellectual beings; indeed, they appeared to be very little removed from brutes". (Fitzroy S. 24)
Nicht weit vom Vieh entfernt seien sie also, weil ihnen die Neugier fehlt. Weil sie einen völlig fremden Menschen, der plötzlich im Schein ihrer Feuers auftauchte, weder ängstlich oder kriegerisch, noch neugierig begutachtend empfingen, sondern ihn ignorierten als wäre er eine kleine Fliege und nicht ein Leutnant, der unter schwersten Anstrengungen gerade über das Nordmeer geseegelt war. Es gibt Paralellen zu dieser Einschätzung: Etwa das Klischee vom Hochintelligenten, der von allen für geistesgestört erklärt wird nur weil er nicht mehr spricht. Das stellt sozusagen bereits das gegenteilige Klischee dar. Vielleicht könnte man nachweisen, dass es als Reaktion auf die zeitgenössische Meinung enstanden ist, wie sie Fitzroy vertritt. Ein Muster, was sicher bereits in mehreren Romanen verabreitet worden ist, mir fällt bloss gerade keiner ein. Der Stumme, der Beobachter, der A-Soziale ist unserer Gesellschaft möglicherweise auch heute noch ungeheuer - sei es, weil wir in ihm eine extreme geistige Unterlegenheit, oder eine extreme Überlegenheit erahnen.

Freundlich ins Gesicht gespuckt
"One of the party [of natives], who seemed more than half an idiot, spit in my face; but as it was not apparently done angrily, and he was reproved by his companions, his uncouteous conduct was forgiven", berichtet der anscheinend sehr geduldige Kapitän Fitzroy (S. 58).

[14.8.2003]
Die Wolkenzeichner des 19. Jahrhunderts
Auf einer der Expeditionen von Kapitän Robert Fitzroy und Kapitän Parker King nach Südamerika, besser bekannt auch als die Expedition der Beagle unter Charles Darwin, machte man mit einer Selbstverständlichkeit auch Zeichnungen von Wolken. So auf ihrem Höhepunkt war die Tradition der Naturwissenschaften zu dieser Zeit mit ihrer Eigenart alles Sammeln, Festhalten, Dokumentieren und Bestimmen zu wollen, dass man glaubte, selbst der Abdruck von Wolkenbildern im Bericht der Expedition könnte von Nutzen sein, neben Wind- und Meeresmesswerten, abgezeichneten Indianergesichtern und natürlich den unzähligen biologischen und zoologischen Notizen von Charles Darwin. Das ihnen nicht der Widerspruch aufgefallen ist, der dabei entsteht, wenn man Wolken aus einem anderen Kontinent in die europäische Klassifizierung (Kumulus, Cirrus, etc.) einsortiert: Warum sollte man sie denn abzeichnen, wenn es dieselben Wolken wären wie in Europa? Konsequenterweise hätte man ihnen neue Namen geben sollen, den Wolken aus Südamerika. Darwin-Wolke, Fitzroy-Wolke und King-Wolke. Aber dann wäre die Absurdität erst Recht aufgefallen, nehme ich an. Man hat es also beim naturwissenschaftlichen Reflex des Dokumentierens und Mitnehmens belassen. Denn das ist der erste und wichtigste Schritt der Naturwissenschaft: Das Ding der Schöpung zu entreißen. darwin_kumulus.jpg

[7.8.2003]
Die Drachenfrau aus der Handschriftenabteilung
"Ein bis drei Wochen", fauchte der menschgewordenen Drache in der Abteilung für Handschriften und alte Drucke in einer großen bayrischen Bibliothek, nachdem ich gefragt hatte, wie lange es dauert, bis sie meinen Kopierauftrag von drei Seiten erledigt hat. "Hmmm", sagte ich und weil ich es eigentlich nächste Woche brauchte fügte ich an: "Eher eine Woche oder eher drei Wochen?",
"Hören sie, ich habe hier gerade meinen 12950sten Kopierauftrag erledigt, ich weiß nicht wann ich dazu komme.", fauchte sie. Nach einer kurzen Pause machte sie ein Angebot, diesmal in einem Tonfall, der in ihrem Repertoire vermutlich auf der Skala in der Nähe von "freundlich" sitzt: "Aber wenn sie das doppelte zahlen, kann ich es sofort machen". "Express-Gebühr" nannte sie das. Erpress-Gebühr, dachte ich mir.
"Nein, wissen sie was, es sind ja nur drei Seiten, die kann ich eigentlich auch abtippen." Ich gab das dreilagige Formular zur Beantragung für Kopieraufträge, welches ich die ganze Zeit nebenher ausgefüllt hatte, zurück, und meinte halb versöhnend, halb scherzhaft: "Tut mir leid, dass ich Ihnen jetzt das eine Formular hier verschwendet habe". Der menschgewordenen Drache zeigte aber keinerlei Regung von Erheiterung, sondern fauchte zurück: "Ja, ist halt auch noch giftig!". Jetzt war ich völlig verdutzt. "Wie, giftig? Darf man nicht in den normalen Müll geben, oder wie?" "Nein, das ist Durchschreibepapier, das ist giftig, das sollte man wirklich nicht einfach so verschwenden, wissen sie!"
"Ach so. Hmm.", sagte ich nur und ging, während ich gedanklich den Stapel mit den Formularen ergriff, mit meiner Ritterrüstung auf den Bürotisch sprang und in den feuerspeienden Rachen des Ungeheuers die giftigen Kopieranträge stopfte, bis der Drachen zuckend und hechelnd am Boden lag, hingerafft von einer schweren Kohlepapier-Blaupausen-Vergiftung.

[5.8.2003]
Quedped und Molle für Capt. Kotzebue's russische Matrosen
"Im Allgemeinen sind die Weine Chiles von so grosser Stärke, dass sie nach geringer Erhitzung mit Spiritusflamme brennen, allein sie sind in der Regel auf so unvollkommne Weise bereitet, dass sie den Fremden wenig zusagen. (...) Betrügliche Weinverkäufer sind mit dieser natürlichen Stärke nicht zufrieden und vermehren sie auf künstliche Weise. Die giftig berauschende Wirkung der Getränke in gemeinen Schenken, die selbst auf die Nerven von Capt. Kotzebue's russischen Matrosen ihre Wirkung nicht verfehlte, wird durch Zusatz des Quedped (Arbutus furiens. Hook.) und Molle (Schinus) hervorgebracht." Eduard Poeppig, Reise in Chile, Peru und auf dem Amazonasstrome. Leipzig, 1835.
Interessant. Ich hatte von beiden Zutaten noch nie etwas gehört und das Internet gibt auch nicht viel dazu her. Molle ist Rosa Pfeffer, wie man bei Gernot Katzers berühmten Gewürzseiten erfährt. Quedped ist bekannt als Gaultheria Insana oder Hierba Loca und kann zu dauerhaften psychischen Schäden führen - Nachpanschen nicht empfohlen. Geschmacklich klingt die Mischung von Wein und den rosa Pfefferbeeren (die süßlich und nicht nach Pfeffer schmecken) aber interessant.

[1.8.2003]

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[29.08.2003] [Kommentare: 2]
Anatomie der Ruhelosigkeit
kueste_baskenland.jpg
"Allmählich begann die Idee für ein Buch Gestalt anzunehmen. (...) Die Hypothese war ungefähr wie folgt: Indem er zum Menschen wurde, hatte der Mensch, zugleich mit den geraden Beinen und dem ausschreitenden Gang einen Wandertrieb erworben, den Instinkt, lange Entfernungen während der verschiedenen Jahreszeiten zurückzulegen; dieser 'Trieb' war untrennbar mit seinem zentralen Nervensystem verbunden; und wenn er in Zeiten der Seßhaftigkeit denaturiert wurde, suchte er sich ein Ventil in Gewalttätigkeit, Gier, in der Suche nach einem bestimmten Status oder in einer Sucht nach allem, was neu war. Dies würde erklären, warum mobile Gesellschaften wie die Zigeuner egalitär waren, unbelastet von Dingen und resistent gegenüber jeder Veränderung; und auch, warum all die großen Lehrer - Christus, Buddha, Laotse, der heilige Franziskus -, um die Harmonie des ursprünglichen Staates wiederherzustellen, die ewige Pilgerfahrt ins Zentrum ihrer Botschaft gestellt und ihren Schülern erklärt hatten, sie sollten, ganz wörtlich, dem Weg folgen."
(Bruce Chatwin, Der Traum des Ruhelosen, S. 21-22. Die These ist wunderbar und lockt zu eigenen Gedanken - aber genau besehen erinnert sie mich an Freud und kommt mir reduktionistisch und monokausal vor. Ich glaube, man könnte damit heutzutage allenfalls einen Feuilleton-Artikel füllen.)
|ö| = KerLeone

[29.08.2003] [Kommentare: 0]
Musik für Landschaften
Wenn man ein guter Musikkenner wäre und ein Perfektionist, dann könnte man sich Musik für verschiedene Landschaften zusammenstellen, egal ob man mit dem Auto oder dem Fahrrad unterwegs ist. Sven Väth etwa mit seinen alternierenden Beats passt wunderbar in lange, gerade Landstraßen, die durch strukturierte Landschaft führen, z.B. lange Forststraßen, oder Steinwüsten. Bei Autobahnen passt er nicht. Eine ähnlich treibende Musik ist The Cure mit "Forrest" oder "Walk", das würde sehr gut in sonnendurchflutete Laubwälder mit vielen Kurven passen. Für die Stadtautobahn empfiehlt sich dagegen eher etwas beruhigendes, langsames, am besten kitschiger Pop wie z.B. Erasure oder auch Depeche Mode. Bergautobahnen mit ihren teilweise grandiosen Ausblicken brauchen dagegen am besten Musik, die emotional berauscht, für mich wäre das U2, Nena, Ton Steine Scherben oder auch Fiction Factory mit "Feels like Heaven". Für Flaniermeilen und das Stehen im Stau muss man dagegen Musik bereithalten, die das eigene Image, was es auch immer sei, nach außen trägt, da man im Verkehr ja nicht mehr die Möglichkeit hat selber für sich zu stehen. Es lebe das Posertum, also bei mir wären das fetter Hip-Hop z.B. von den Puppetmastaz oder Fat Joe mit seinem "John Blaze Mix". Nachdem ich weder Musikkenner noch Perfektionist bin, bin ich bisher allerdings drauf angewiesen, dass die passende Musik von selbst per Zufall kommt, danach ist auch die obige Liste erstellt.
|ö| = KerLeone

[29.08.2003] [Kommentare: 0]
Fidel Castro
Als der junge Italiener Fidel Castro nach Kuba kam, beschloss er, dass dieses Land eine Revolution benötigt. Er raubte mit seinem jüngeren Bruder ein Kettenfahrzeug, genauer gesagt einen fahrenden Schiffskontainer, oben geöffnet, gesteuert nur mit einem Joystick. Dann holten sie mich ab. Zu dritt fuhren wir zum nächsten Großgrundbesitzer, wo die schwarzen Sklaven alle in Ketten lagen. Wir fuhren mit dem Kontainerpanzer über die Ketten, die Sklaven waren frei, und stiegen ebenfalls in das Kontainerfahrzeug. Jetzt konnten noch mehr Leute Kontainer stehlen und noch mehr Sklaven befreien. Der Großgrundbesitzer verfolgte uns zwar, aber mit einem Kontainer auf Ketten kann man überall hin und sich gut verstecken. Deswegen glückte die Revolution.
|ö| = KerLeone

[27.08.2003] [Kommentare: 2]
Der Rasenmäher-Haufen
Ich habe heute am Rand der Straße, in der Nähe eines Firmengebäudes, einen Rasenmäherhaufen gesehen. Etwa zwanzig ausgediente Rasenmäher waren achtlos aufeinandergehäuft. Die bunten Abdeckungen der Mähwerke, schon leicht rostig, machten die größte Masse aus, während die Griffgestänge wild in alle Richtungen herausragten.
Die erfreuliche Tragweite dieser Sichtung wurde mir erst einige Stunden später bewusst, als ich mir überlegte, wie wenig Menschen in ihrem Leben wohl schon einen Rasenmäherhaufen gesehen haben dürften. Der traurige Gedanke dabei war dagegen, dass ich möglicherweise nie mehr in meinem Leben wieder einen so großen Rasenmäherhaufen sehen werde.
|ö| = KerLeone

[27.08.2003] [Kommentare: 0]
Mais und Bohnen
Eine gute Idee hatten einige Bauern in einem Tal im Baskenland, zumindest habe ich es dort zum ersten Mal gesehen: Sie haben Maisstauden angebaut, und an diesen grüne Bohnen angesetzt. Damit spart man sich die Bohnenstangen.
|ö| = KerLeone

[27.08.2003] [Kommentare: 1]
Grenzüberschreitung
Als ich auf die spanische Grenze zufuhr, war ich voller Freude, dieses Land wieder erleben zu dürfen. Frankreich, vor allem Landes, hat mir zwar gut gefallen, aber das Baskenland fand ich hässlich. Die Leute waren hässlich. Die Häuser auch. Und kleinlich, wie die Schweiz. Überall Verbotsschilder für Fahrzeuge über 3,5 Tonnen und über 2,00 Meter. Dabei hätte ich so gerne die Wellenreiter bei Biarritz und Guéthary gesehen, aber ich konnte nirgends parken. "Schnell raus hier", dachte ich mir, "in Spanien wird das alles besser, weniger Regeln, lockeres Leben und ich kann endlich reden mit den Leuten."
Wenige Sekunden atmete ich den Geruch einer an der Straße gelegenen Panaderia ein, kurz nach dem Grenzübertritt. So riecht Spanien. Doch dann verfuhr ich mich in einem hektischen Wohnblock kurz nach der Grenze, drehte um in einer Tankstelle, wo ein Spanier kopfschüttelnd und schimpfend protestierte, dass ich zu nah an seinem Auto vorbeifahren musste. Noch vor San Sebastian hupte mich ein LKW-Fahrer an, der wollte dass ich schneller bergauf fahre (was leider nicht geht). Und wieder einige Sekunden später fand ich mich in einem los-angelisierten Fahrterrassen-Ghetto, vierspurig, die Laster zogen links und rechts an mir vorbei, es stank und im neben der Autobahn gelegenen Großindustrie-Hafen baggerte man um die Wette Eisenschrott von Schiffen auf gigantische Halden. Wie schön war es doch in ...
|ö| = KerLeone

[24.08.2003] [Kommentare: 5]
Das Treffen mit Michel de Montaigne
montaigne_turm.jpg
Natürlich weiss man vorher schon, dass man enttäuscht sein wird. Das weiss einer der ans Grab von Jim Morrison fährt genauso wie einer der nach Graceland pilgert. Und als ich heute endlich den berühmten Turm von Michel de Montaigne, momentan einer meiner liebsten Schriftsteller, besucht habe, war das nicht anders. Man kann nicht erwarten, dass aus dem Besuch eines alten Gemäuers der Geist des Schriftstellers wieder auferlebt und sich mit einem unterhält.
Aus dieser Sicht waren die drei alten Zimmer, in die Montaigne sich 1571 zurückzog, eigentlich eine positive Überraschung, denn die Enttäuschung bezog sich vor allem auf die Führung, die natürlich ausschließlich in französisch gehalten wurde, welches ich nicht verstehe, kein Wort. Das Schloss war sehr groß, allerdings ist es nach 1885 neu aufgebaut worden. Aber auch das vorherige, in dem Montaigne, bzw. während seiner "Turmzeit" nur seine Frau und seine Bediensteten wohnten, war nicht klein. Es liegt auf einer Anhöhe, von der aus man in ein weites Tal hinabsehen kann. Geistig sah ich hier bereits Montaigne auf der Jagd über die Äcker reiten. "Reich war er ja schon", denkt man sich. Aber das ist das sympathische an Montaigne: Natürlich hatte er es gut und war reich, natürlich war er eitel und liebte es sich selbst und seine Klugheit darzustellen. Und genauso wollte er eigentlich ganz anders sein, versteckte und vertuschte das alles oder unterdrückte es teilweise. Es ist ein ekliptisches Kreisen um sein eigenes Ego, welches eigentlich nie weiss was es von sich halten soll. Eine Unsicherheit, die vermutlich in jedem Menschen vorkommt.
Ein literarisches Rauschen
Während der Führung war es natürlich sowieso unmöglich, sich geistig mit diesem Menschen auseinanderszusetzen. Man beschränkt sich auf die photographische Dokumentation, wenn man schon nichts von dem Geplapper der Führers versteht. Jetzt sitze ich gerade in Sichtweite des Schlosses, mit meinem Laptop, und tippe dieses Resümee. Aber viel kommt da nicht mehr. Ich habe die "Essais", dieses dreibändige Riesenwerk, ja bereits letztes Jahr gelesen. Damit ist es auch schon wieder verschwunden, und auch die 150 Seiten Notizen von mir sind unbrauchbar geworden. Montaigne kann man nicht nachschlagen, man kann ihn nicht teilweise aufnehmen. Man kann höchstens alle Kapitel nochmal lesen. Montaigne ist eigentlich nur ein literarisches Rauschen. Einschalten kann man es für den Moment, aber man kann es nicht zusammenfassen. Allenfalls ein kleines Stück, und das würde woanders schon wieder seinen Widerspruch finden.
Der Hörschacht zur Kapelle
Äußerst witzig war auch die folgende bauliche Besonderheit im Turm, von der ich bisher nichts wusste: Es gab einen kleinen Schacht von der Kapelle im Erdgeschoß hinauf zum Zimmer Montaignes im ersten Stock. Am Ende des Schachts war eine Nische mit einem Betstuhl. Angeblich ließ Montaigne sich dies so einrichten, weil er gerne die Messe hörte, auch ohne dass er dafür in die Kapelle hinabgehen musste. Montaigne eignet sich ja wunderbar, um Dinge in ihn hineinzuinterpretieren: Und ich bin überzeugt davon, dass Montaigne sich das so bauen liess, damit er so tun kann als erledige der die täglichen religiösen Pflichten, aber in Wahrheit mehr Zeit hat um sich mit seinen antiken Autoren auseinanderzusetzen. In seinen Essais wendet er sich sehr kritisches gegen das gewohnheitsmäßige Herunterbeten und favorisiert eine Auseinandersetzung mit Gott die stärker vom eigenen Geist getrieben ist. Auch in seiner "Apologie des Reymond Sebond" verfällt er in seiner Argumentation für einen Gottesbeweis so sehr in Begeisterung für die antiken Skeptiker, dass sich das Kapitel wie eine teilweise Widerlegung Gottes liest - was mit Sicherheit nicht beabsichtigt war, aber von seinem Anspruch auf einen direkten Gedankenaustausch mit Gott zeugt. Schulmeisterliche Kirchenbräuche konnten Montaigne, der als erste Sprache Latein gelernt hat und bei den antiken - und daher wenig christlichen Denkern - zu Hause war, dagegen sicher nicht beeindrucken. Es wäre möglich, dass bei Montaigne ein Dorfpfarrer Messe hielt, der Montaigne möglicherweise nicht sonderlich beeindrucken konnte. Wie problematisch aber eine eigene Auseinandersetzung mit Gott in dieser Zeit war, zeigen seine heuchlerischen und beschwichtigenden Absätze vor brisanten Kapiteln. Tatsächlich wurde sein Buch eine zeitlang von der Kirche verboten. Verscherzen wollte es sich Montaigne mit der Kirche nicht.
Was bleibt
Als die Führung zu Ende war, musste man langsam den Turm und den davorliegenden Garten wieder räumen. Meiner Phantasie blieben also kaum mehr Zeit und Ruhe, sich Montaigne denkend und schreibend im Turm vorzustellen, oder wie er Freunde oder sogar Feinde im Garten seines Schlosses empfangen hat (Essai III, 12). Die etwa zehn Leute schlenderten zurück zu dem vorgelagerten Häuschen mit Kasse, in dem nun zusätzlich eine Weinprobe stattfand, immerhin liegt das Schloss ja mitten im Bordelais und damit in einem der weltweit berühmtesten Weinanbaugebiete. Natürlich gibt es dort dann Wein von den Hügeln rund um das Schloss, und natürlich klebt das Gesicht Montaignes dann auf diesen Flaschen. Obwohl Montaigne sehr gerne mal ein paar Gläschen getrunken hat (allerdings stets mit Wasser verdünnt!), war mir dieser Weinverkauf schon beim Hereinkommen negativ aufgefallen. Erstens trinke ich gar keinen Alkohol und kann deshalb Wein nur zum Kochen verwenden, da muss man ihm nicht mehr Aufmerksamkeit schenken als den anderen Zutaten. Zweitens ist mir nichts mehr verhasst als dieses Kulturbürgertum, welches das Weintrinken und Weinkennen als Pflicht des zivilisierten Menschens versteht. Man hätte genausogut FLusskrebse, Schinken oder Schwarzbrot verkaufen können, das er ebenfalls sehr gerne aß. Aber Wein bringt man - warum auch immer - eben mit Literatur in Verbindung. Mir stand also anderes im Sinn: Ich wollte nochmal schnell auf die Toilette bevor ich weiterfahre. Die Toilette war aber direkt hinter dem Weinstand. Mit direkt meine ich: Keine zwei Meter. Ich wand mich also durch die nippenden Kulturbürger (die Essais hat vermutlich keiner von ihnen gelesen) und schloss die Toilettentür. Entgegen meiner Hoffnung waren die Geräusche der Kulturbürger immer noch so deutlich zu hören wie zuvor, und das bedeutende auch den Umkehrschluss. "Jetzt bloss nichts falsch machen, keine lauten Geräusche!", dachte ich mir, während zwei Meter entfernt die Lehrerehepaare ihre Nasen in die Weingläser steckten. Glücklicherweise lief alles sehr leise und ich konnte ohne zu große Scham die Toilette unauffällig ver- und die groteske Situation hinter mir lassen.
Das sind also die wahren Erlebnisse, die man hat, wenn man das Grab von Jim Morrison oder Graceland besucht. Aber das gehört ja alles dazu, bei aller Gelehrsamkeit und Verehrung, das wusste auch Montaigne, als er sagte: "Sowohl die Könige wie die Philosophen scheißen, und die Damen auch" (Essais III,13)
|ö| = KerLeone

[24.08.2003] [Kommentare: 0]
Notiz an mich
Baguettehalterung im Führerhaus einbauen.
|ö| = KerLeone

[24.08.2003] [Kommentare: 0]
Die Gras-Botaniker
gras_botaniker.jpg Kurz hinter Clermont Ferrand, an der Landstraße nach Bordeaux, liegt soetwas wie das CERN für Grasbotaniker. Eine mehrere Fußballfelder große Testpflanzung, vermutlich mit agrarischer Fragestellung und fast ausschließlich für Gras. Fein säuberlich in ca. sechs Quadratmeter große Parzellen unterteilt wachsen da unter Beaufsichtigung der Grastechniker die großen Grassorten der französischen Agrarzukunft. Auf jeden Fall sah das so aus. Zwischen den Parzellen wenige Dezimter Abstand, natürlich auch damit die Grasologen zu ihren Züchtungen hinkönnen. Einer der Grasologen, ein braungebrannter junger Franzose mit nacktem Oberkörper, kniete gerade auf einem solchen Pfad, das Gesicht weit zum Gras hinabgesenkt. Hin und wieder stand er auf und sprang zu einer anderen Parzelle. Ich nehme an, als Graszüchter hat man allerhand wichtige Sachen zu tun. Man hat ein großes tägliches Datenblatt, in denen wichtige Werte für alle verschiedenen Grassorten eingetragen werde müssen. Das klemmt man sicher auf so eine Klemmtafel, an der mit einer Schnur ein Bleistift befestigt ist. Kein Kugelschreiber, weil der ist zu fehleranfällig für den Außeneinsatz. Der Grassologe misst jetzt die Zentimeterhöhe seiner Zucht, beurteilt den optischen Zustand ("trocken, gebogener Stand"). Dann nimmt er ein Newtonmeter, klemmt ein Gras hinein und misst wieviel Newton man braucht um es abzureißen. Und ein paar mehr solcher Dinge. Dann geht er zurück ins Graslabor, wo man mit allen Arten von Zucht- und Samenmaschinen hantiert - nur mit keinen Grasbeschleuniger - und erzählt aufgeregt seinem Kollegen von den neuesten Fortschritten der Züchtung Nr. GH28-B-2003. Oder wie so eine Grassorte auch immer heißen mag. Vielleicht benennt man Gräser ja auch wie Kartoffeln, also: "Petra ist immer noch zu dünn". Alle paar Wochen muss er über einigen Parzellen ein besonderes Umweltszenario simulieren, welches ein meteologischer Großrechner in Paris genauestens berechnet hat. Parzelle 29-L bekommt am 12. und 24. August ein mittelschweres Sommergewitter, und dann muss er die Gardena-Hagelmaschine mit Eiswüfeln befüllen und eine halbe Stunde über 29-L bzw. Petra wüten lassen. Mit Sicherheit einer der unangenehmsten Sachen für einen Grasbotaniker, denn am Ende sieht er seine Schöpfung zerhagelt am Boden und darf sich nicht sicher sein ob es alles Gräslein wieder zum aufrechten Stand schaffen. Und dann schreibt er eine Doktorarbeit über "Standvermögen frühkeimender Hochtechnologiegräser (Petra und Michaela) in extremer Witterung auf trockener Scholle" und leistet im Unterschied zu mir damit der Gesellschaft einen handfesten Nutzen.
|ö| = KerLeone

[19.08.2003] [Kommentare: 6]
Von verschiedenen Stilen am Bodensee
Am Bodensee hab ich mir heute ein Eis gekauft, das hatte einen runden Stil. Mir ist aufgefallen, dass man bei Eis an einem runden Stil immer die Hälfte des Stücks, das am Ende gerade noch den Stil umschließt, auf den Boden fallen lassen muss, oder das (meist noch viel zu große Stück) auf einmal in den Mund nehmen muss. Bei Eis an flachen Stilen kann man dagegen die Hälfte des letzten Stück noch auf dem Stil balancieren. Nicht das das von solcher Wichtigkeit wäre, dass man davon berichten muss, aber solange ich noch ein deutsches Netz auf meinem Handy habe, sollte ich kostengünstig eine Meldung in meinem Weblog machen, dachte ich mir.
|ö| = KerLeone

[18.08.2003] [Kommentare: 7]
Abschied (für acht Wochen)
lesereise_abschied.jpg
Ich gehe wieder auf Lesereise, wie letztes Jahr, nur diesmal nicht nach Italien, sondern nach Spanien. Diesmal sind im Gepäck mehrere historische Texte aus Südamerika, die ich für meine Doktorarbeit analysieren werde.
Über die Schweiz geht es erstmal zum Schloss des frühneuzeitlichen Schriftstellers Michel de Montaignes und dann weiter nach Nordspanien. Dort gibt es einen kleinen Stop bei den Picos de Europa zum Wandern (Urlaub muss auch sein). Dannach geht es in kleinen Abschnitten (drei Stunden pro Tag fahren, acht Stunden an der frischen Luft lesen) in den Süden Spaniens. Längerer Aufenthalt ist in Cadiz und Tarifa geplant. Was gibt es schöneres als die Texte der spanischen Entdeckungsgeschichte in dem Ort zu lesen, wo vor 400 Jahren die Schiffe nach terra incognita aufbrachen!
Nachdem ich einen Laptop und leihweise ein GPRS-Handy dabei habe, hoffe ich, hier alle paar Tage zu updaten. Vor allem die linke Spalte wird sich mit Anekdoten füllen, da bin ich mir sicher. Also, bis bald!
|ö| = KerLeone

[18.08.2003] [Kommentare: 0]
Zufriedenheitsinitiative
Wenn man die Nummer 01802/2721 anrufen würde, würde man mit der Zufriedenheitsinitiative der Commerzbank sprechen. Was mag das sein? Eine moderne Bezeichnung für "Beschwerdetelefon"?
|ö| = KerLeone

[18.08.2003] [Kommentare: 3]
Abschied (für immer)
Jetzt bin ich Metzger,
und ihr Knochen
bone.
|ö| = KerLeone

[16.08.2003] [Kommentare: 5]
Fuck!
Gestern noch gescherzt, heute selber den MS-Blast-Wurm bekommen. Hatte die Firewall nur für fünf Minuten ausgeschaltet - aber vielleicht wäre er auch trotzdem gekommen. Aber was gibt es schöneres als einen Wurm mit eigenen Händen zu erdrosseln? KerLeone weiss schon warum er kein NTFS-System hat. Runtergefahren, Dos-Diskette rein und "del ms-blast.exe". Hähähä. Dann war erstmal Ruhe im Karton. Naja, dann aber doch noch auf professionelle Entfernungssoftware zurückgegriffen.
|ö| = KerLeone

[15.08.2003] [Kommentare: 0]
Die Geschichte des Bösen
history_of_evil.jpg Onlineversion des interessant klingenden Buches von Paul Carus von 1900 mit dem Titel "The History of the Devil and the Idea of Evil from the Earliest Times to the Present Day". Paul Carus war ein Anhänger der frühen Relativismus-Strömungen und versuchte ernsthaft Religion wissenschaftlich zu etablieren.
Via Kellerkind
|ö| = KerLeone

[15.08.2003] [Kommentare: 6]
Frage an die Leser
Ich fahre in den nächsten Tagen für einen längeren Aufenthalt nach Spanien, eine Art Lesereise wie letztes Jahr. Diesmal nehme ich meinen Laptop mit und würde natürlich gerne weiterhin mit Email und Weblog in die Heimat verbunden sein. Obowohl äußerst technikfreudig, strafte ich traditionell zwei Technologien mit totaler Missachtung: Registrierkassen und Telefone.
Ich habe zwar ein Handy (das "etwas ältere" Nokia 3110), aber die Dame von T-Mobile wollte mir ständig GPRS aufschwatzen. Aber irgendwie konnte man doch früher auch ins Internet, so mit Datenkabel und Softmodem, oder?
Also meine Frage: Was soll ich mir zulegen, damit es hier weiterhin etwas zu lesen gibt? Hat jemand Erfahrung, Weblogeinträge mit Handy und Laptop online zu stellen? Was kostet das im Ausland? Wie geht das, wo ruft man an? Lohnt sich GPRS? Wie schnell geht das, kann man sich überhaupt in erträglicher Zeit die Startseite meines Weblogs ansehen? Oder komme ich allemal billiger wenn ich alle paar Tage in ein Internetcafe gehe?
|ö| = KerLeone

[15.08.2003] [Kommentare: 0]
Eigenradio
Eigenradio nimmt die Musik aus mehreren Radiostationen und gibt dabei die Frequenzen bevorzugt wieder, die am häufigsten vorkommen, soweit ich das verstanden habe. Heraus kommt dabei ein sehr seltsames Getüdel.
Via Interconnected
|ö| = KerLeone

[15.08.2003] [Kommentare: 1]
Mit Google rechnen
(4^2)*2
Via Elephäntville
|ö| = KerLeone

[15.08.2003] [Kommentare: 0]
Neuer freier Antville Hoster?
"Kennt jemand eigentlich blogs.23.nu (webc0re)? Scheint ein relativ neuer Antville-Host zu sein, der bislang an mir vorüber gegangen ist. Ich frage mich, ob das ein öffentliches Angebot ist wo man neue Weblogs anlegen darf oder ob es sich um was temporäres handelt."
Via Plasticthinking
|ö| = KerLeone

[14.08.2003] [Kommentare: 0]
Nordosten der USA ohne Strom
Ein massiver Stromausfall hat das öffentliche Leben in weiten Teilen Nordamerikas lahmgelegt. Mehrere Großstädte in den USA und Kanda stehen plötzlich ohne Strom da. Tausende stecken in U-Bahnen, Fahrstühlen und Bussen fest. Auch etliche Stadtteile von New York sind betroffen.
Via Spiegel
|ö| = KerLeone

[14.08.2003] [Kommentare: 0]
Curt Götz gesucht
Joshua von brainfarts.de sucht die zwei wunderbaren Filme von Curt Götz, "Hokus-Pokus" und "Frauenarzt Dr. Prätorius". Wer hat?
|ö| = KerLeone

[14.08.2003] [Kommentare: 1]
Komische Regeln
- bei den Münchner Stadbibliotheken darf man zwar Medien per Post zurückgeben, aber selber einwerfen kann man sie dort nicht.
- bei der Münchner Universitätbibliothek darf man bestellte Kopien nur abholen, wenn die Kasse geöffnet hat. Der Frau, die das Dokument bereits in der Hand hält das Geld abgezählt geben darf man nicht.
- die Bayrische Staatsbibliothek hat Kopierer, die wie ein Scanner funktionieren. Brennen lassen dürfte man sich zwar seine Kopien theoretisch gegen eine geringe Gebühr, aber die Brennsoftware ist nur auf dem Kopierer installiert, auf dem ausschließlich Angestellte des Kopierdienstes kopieren dürfen. Die Rechner der Scantische sind natürlich auch nicht in einem Netzwerk miteinander verbunden.
|ö| = KerLeone

[14.08.2003] [Kommentare: 0]
Ghost in the House
ghost_in_the_house.jpg Die finnische Zeitung Helsingin Sanomat hat auf ihrer Website eine vorbildliche Flash-Reportage: "Ghost in the House". Vor allem die erste Geschichte vom Kadetten-Geist zeigt sehr schön, wie eine Geschichte multimedial von Bildern und vor allem Geräuschen und Stimmen profitieren kann, ohne dass diese zum Selbstzweck werden.
|ö| = KerLeone

[13.08.2003] [Kommentare: 0]
Nachricht des Tages
"Eis und andere Lebensmittel verderben derzeit sehr schnell."
Danke, SZ. Ich geh jetzt mal mein Eis in den Kühlschrank stellen. Ist vielleicht besser.
|ö| = KerLeone

[9.08.2003] [Kommentare: 4]
Bierdeckel
asahi_bierdeckel.jpg Rainer Wiltz sammelt Bierdeckel aus der ganzen Welt, und damit auch andere etwas davon haben, kann man alle 6670 verschiedenen Deckel online bei The Austrian Beer Cap Collectors Page anschauen. Ich hab auch noch irgendwo 50 exotische Deckel herumliegen, die ich mal als Kind gesammelt habe. Könnt ich ihm glatt senden...
|ö| = KerLeone

[9.08.2003] [Kommentare: 0]
Missverständniss
"gestern irgendwo den satz "er bangte um sein leben" gelesen und wie selbstverständlich davon ausgegangen, daß es sich um die beschreibung einer sexuellen handlung (gang bang) handeln muß." ( Malorama)
|ö| = KerLeone

[8.08.2003] [Kommentare: 0]
Hände hoch beim Zähneputzen
razzia_daheim.jpg
Steht KerLeone zu abendlicher Stund im Bad, als es von der Straße plötzlich tönt "Hände hoch, Polizei!" Hab ich die Zahnpasta kaum ausgespuckt, stehen die jugendlichen Gauner schon mit gespreizten Beinen und den Händen an KerLeones Gartentürchen, wie man es sonst nur aus den Filmen kennt. Tsts.
|ö| = KerLeone

[7.08.2003] [Kommentare: 2]
Lecker
seehundstran_koppers.jpg

|ö| = KerLeone

[7.08.2003] [Kommentare: 0]
Ethik
Stellt sich, frage ich mich, bei den zwei toten Fliegen und dem einen Nachtfalter, die in meiner Bücherei tot auf dem Fensterbrett liegen, weil sie verdurstet sind, nachdem sie gestern abend wegen dem Licht hereingeflogen kamen, wegen dem Licht, welches ich brauche, um eine Arbeit zu schreiben, die niemandem nutzt außer mir einen "Dr." vor den Namen zu kleben, stellt sich da auch die Frage nach der Ethik in der Wissenschaft? Die Schuldfrage ist nicht ganz klar. Ich hätte ihnen einen Wassertropfen bereitstellen können, wo sie schon so törricht waren und bei der Hitze ohne ausreichend Trinkwasser hereinflogen. Aber die Bibliotheksleitung untersagt mir das Mitnehmen von Getränken. Also ist die Bibliotheksleitung schuld. Und die Amerikaner, die haben nach dem Krieg dieses Haus gebaut.
Vielleicht sind sie auch einfach so gestorben. Am Ende haben sie sich sogar schon fortgepflanzt, bevor sie zum Fenster hereinkamen, und haben daher ihren Lebenssinn bereits erfüllt. Obwohl - das ist eine gefährliche Argumentation. Vielleicht wären sie gerne noch ein paar Tage durch den Englischen Garten geflogen. Englischer Garten, ja! Aber nicht hier rein, dazu hatten sie gar nicht das Recht, sind ja nicht mal immatrikuliert. Sie sind also selber schuld. Fahrlässig und illegal gehandelt.
Aber sind Fliegen überhaupt schuldfähig? Wie hässlich sie sind. Hässlich, aber unschuldig.Gelblicher Körper. Und die Beinchen in dieser typischen, den Fliegen zueigenen "Ich-bin-tot" Stellung zugespitzt in den Himmel gestreckt. Am Ende sind sie gar nicht tot. Sie spielen nur zu zweit. Wer hält es länger aus auf dem Rücken zu liegen. Wenn sie morgen weg sind, waren sie nicht tot. Halt, da ist ja noch der Putzmann. Er könnte sie wegräumen. Er ist der Fliegenbestatter und bekommt nicht mal eine Zulage dafür. Ungerechte Welt.
Ich könnte sie wenigstens zudecken mit einem Blatt Papier, aus Pietät. Aber die wäre geheuchelt, eigentlich will ich nur nicht mehr auf die hässlichen toten Fliegen glotzen, ich sollte ja eigentlich weiter meine Arbeit schreiben, damit die drei Insekten nicht umsonst gestorben sind.
|ö| = KerLeone

[7.08.2003] [Kommentare: 6]
Verehrung für die Zibetfrucht
zibetfrucht_korb.jpg Es ist typisch für das Internet, dass man sogar einzelnen Früchten, von denen man selber noch nie etwas gehört hat noch ihre abnorme Form irgendwann einmal erblickt hat, ganze Websites widmet. So schmeckt die sogenannte Zibetfrucht, auch Durian genannt, übrigens:
"Die Früchte verbreiten einen für uns Europäer unangenehmen Geruch, der an eine Mischung aus altem Käse, faulen Zwiebeln und Terpentin erinnert. Das Fruchtfleisch hingegen schmeckt wie ein butterähnlicher Vanillepudding, begleitet von einem Mandelgeschmack, einem Hauch von Frischkäse, Zwiebelsauce und braunem Sherry." (Quelle).
Na lecker. Aber die Asiaten haben ja kleine Nasen, vielleicht riechen die das gar nicht.
|ö| = KerLeone

[7.08.2003] [Kommentare: 0]
Den folgenden Schotter braucht man nicht lesen, es ist Projektkunst.
"Das Couchblog (das man hier übrigens ohne weiteres lesen kann), verleiht Markus "Der Wertschöpfungskettensucher" Stolpmann (siehe unten, im Sinne von "unter diesem Beitrag") die goldene Anstecknaddel. Die Jury begründet die Entscheidung dankenswerterweise wie folgt und macht damit meinen Tag:
"Da schreibt Karina Matejcek hier auf Edings, das ist jetzt wieder ein Zitat:
Ein schönes Beispiel, wie mit Weblog-Software eine pflegeleichte und userfreundliche Website erstellt werden kann, ist www.pontext.de, made by Carola Heine.
Nun gut, das ist ja das schöne am Copyright, es enthält kaum Bewertungen von welcher Qualität das geistige Eigentum sein muß, das da geschützt wird. Jedenfalls schreibt am gleichen Tag der Schockwellenreiter hier:
[Kommerzielle Seiten bauen mit Weblogsoftware] Ein schönes Beispiel, wie mit Weblog-Software (in diesem Fall Pivot) eine pflegeleichte und userfreundliche Website erstellt werden kann, ist www.pontext.de, made by Carola Heine. Via: edings.
Das war jetzt ein Zitat des Zitats. Das Zitat des Zitats zitiert nun wieder Thomas N. Burg, und zwar hier:
Kommerzielle Seiten bauen mit Weblogsoftware. Ein schönes Beispiel, wie mit Weblog-Software (in diesem Fall Pivot) eine pflegeleichte und userfreundliche Website erstellt werden kann, ist www.pontext.de, made by Carola Heine. [Der Schockwellenreiter]
Puh, das geht natürlich nicht. Sollen natürlich auch alle mit dem gleichen Maß gemessen werden. Üble Copyrightverletzung.
Gilt das jetzt als "gehäuftes Auftreten" und als Anstoß zum Überlegen "neuer Maßnahmen, solche Verstöße gegen die eDings-Nutzungsregeln zu handhaben?" - Bitte...!
"
Via ITW
Via ITW
Via ITW
Via ITW
Via ITW
|ö| = KerLeone

[6.08.2003] [Kommentare: 3]
Mehr Bewegung für die fetten Kids
gba_crank.jpg ... z.B. mit der Handlade-Kurbel für den Gameboy Advance. Jetzt in Japan erhältlich. Bräuchte ich auch für meinen alten T1000-Laptop, der verbraucht immerhin nur 500 mA.
Via BoingBoing
|ö| = KerLeone

[6.08.2003] [Kommentare: 0]
Ansichtssache
"Daheim in England zieht der Unmut dennoch weite Kreise. Tony Blair ist abgestürzt und fast so unpopulär wie seinerzeit John Major." ( Reiner Luyken, Die Zeit)
" Es sieht sogar sehr danach aus, als beginne Blair, sich auf eine beträchtliche längere Verweildauer in 10 Downing Street einzurichten. (...) Blair sitzt trotz der tiefen Erschütterungen über den Irakkrieg fest im Sattel. Allemal fester jedenfalls, als es das internationale Mediengetöse vermuten lässt." (Jürgen Krönig, Die Zeit).
Beide Artikel gleichzeitig von der Startseite verlinkt. Das gefällt mir. Eine Zeitung mit breitem Meinungsspektrum.
|ö| = KerLeone

[5.08.2003] [Kommentare: 14]
Ladezeit erheblich verbessert
Manche haben es vermutlich mitbekommen, dass in diesem Weblog seit gestern abend schwer unter der Motorhaube gearbeitet wird. Um Ladezeiten zu verkürzen, wird die Anzahl der Kommentare nun beim Speichern eines Kommentars direkt in der entsprechenden HTML-Datei des Monats gespeichert. Dadurch muss nicht bei jedem Aufruf von mosaikum.org die Anzahl der Kommentare live ausgezählt werden, was bisher oftmals einige Sekunden in Anspruch genommen hat. Ich hoffe man bemerkt die neue Geschwindigkeit.
|ö| = KerLeone

[3.08.2003] [Kommentare: 0]
Flashmob in München
Letzten Freitag war Flashmob in München. Ich dachte, das kommt auch irgendwie aus der Weblog-Szene, aber von den Münchner Webloggern war anscheinend gar niemand da. Ich hab es natürlich sowieso verpasst.
Ein Problem habe ich mit der Presse und den Kamerateams. Ein Flashmob verliert doch damit völlig seine jungfräuliche Sinnlosigkeit. Denn mit Medien und Kameras, was ist's dann noch anderes als eine Pressekonferenz beim FC-Bayern oder die Bambi-Verleihung? Und warum dann hingehen? Bei der Bavaria Filmgesellschaft bekommt man wenigstens noch Geld, wenn man als Statist in einer für die Kamera inszenierten Szene auftritt.
|ö| = KerLeone

[1.08.2003] [Kommentare: 5]
Welcome to the Freak Show
Roland (von Ronsens) hat sich die Mühe gemacht, und ein paar seriöse Links über amerikanischen Freak-Showszusammengetragen. Um die vorletzte Jahrhundertwende war es in Amerika, aber auch in Europa populär, missgebildete Menschen in Show vorzuführen.
Man könnte diese Freak-Shows als ein ganz zentrales Element westlicher Kultur sehen, weil in ihnen immer "das Andere" gezeigt wurde. Nirgends sieht man deutlicher, als was sich eine Gesellschaft in ihren weitesten Grenzen eigentlich begreift, und wo für sie das völlig Andrere, Fremde, Exotische beginnt. Ich weiß nicht, wie es mit solchen Freak-Shows im Mittelalter bestellt war, aber bereits in der frühen Neuzeit machten Mitteilungen über Wundermenschen regelmäßig die Runde. Sie machten einen nicht gerade kleinen Bestandteil damaliger Medien aus.
Es gab ja auch Zeiten, in denen man fremde Kulturen in sogenannten Völkerschauen ausstellte, wie etwa in Hagenbecks Völkerschau. Es ist kein Zufall, dass Hagenbeck auch ebenfalls einen Zoo betrieb. Nicht, dass man die Menschen fremder Länder mit den Tieren gleichstellte, dass hat man in anderen Zeiten gemacht. Aber in beiden stellt man aus, was man nicht zu sein glaubt.
Das ist allerdings keineswegs eine selbstverständliche Ansicht. Wenn man sehr frühe Reiseberichte aus Südamerika liest, kann man bemerken, dass ein echtes Gefühl von Fremdheit in den Beschreibungen noch fehlt. Fremdheit ist ein Konzept, dass entwickelt werden muss oder kann. Es entsteht durch die Selbstdefinition. Ich weiß nicht, wie es heute um unsere Selbst- und Fremddefinition bestellt ist, es ist immerhin eines der wichtigsten Forschungsthemen in der Ethnologie.
Ich habe oben Zoo, Völkerschau und Freakshow auf eine Stufe gestellt habe, weil sie ihre Gemeinsamkeiten haben. Aber es gibt auch Unterschiede. Stärker als im Zoo geht es bei einer Freakshow auch um die Definition von Normalität. Der Mensch hat die bewundernswerte Gabe, Dinge zu abstrahieren. Ein Baum sieht niemals aus wie ein anderer Baum. Und wenn wir vom Baum reden, stellt sich niemand einen konkreten Baum vor, sondern einen abstrakten, nämlich ein Konzept von einem Baum. Konzepte sind konstruiert. Wenn wir von einem Mensch reden, stellen wir uns ebenfalls ein Konzept von einem Menschen vor. Eine Freakshow wird nicht selten zur Zementierung dieses Konzeptes beitragen, in dem es der konstruierten Normalität sehr deutlich den annormalen Menschen: die Antithese des Menschen, den Antimenschen gegenüberstellt. Bei einer Völkerschau ist das nicht anders, beim Zoo schon.
Nun kommt aber eine eigentlich paradoxe Entwicklung ins Spiel. Mit der Entdeckung des Anderen, des Abnormalen, des Fremden und des Exotischen, die gerade zu Beginn der Neuzeit und eben auch wieder zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der westlichen Kultur aufkam, erweiterte sich möglicherweise - so meine These - das Konzept vom Selbst, vom Menschen. Mit ihrer durch die Fremdheit angeregten Präsentation wurden sie übermäßig present und daher wieder zur Normalität. Vorraussetzung dafür ist natürlich, dass in der Präsentation des Anderen nicht ein Mythos an das Fremde geknüpft wird, der eine Aufnahme ins Konzept des Vertrauten widerspricht.
In der heutigen Zeit wurde ich durch eine Magisterarbeit an unserem Institut auf ein Konzept in unserer Gesellschaft aufmerksam, dass schon in den Freakshow zentrales Thema war, aber bis heute kaum geändert wurde: Das Konzept von einer dualen Sexualität und das Staunen über "abnormale" Mischformen. Es ensteht aus der Idee, dass man dem Menschen natuwissenschaftlich belegt ein Geschlecht zuordnen kann. In der erwähnten Magisterarbeit wurden dagegen die Konzepte von Geschlecht und Zwitterwesen kulturübergreifend untersucht. Es wurde vorgeschlagen, Sexualität eher als eine mehrdimensionale Bandbreite zwischen zwei Polen zu verstehen. Ein Konzept, was erst vor kurzem in München einigen Richtern gedanklich verschlossen blieb, als sie einem Zwitter den Eintrag als solchen im Personalausweis verweigerten. Man kann als Student der Kulturwissenschaftler nun gespannt dabei zusehen, ob und wie unsere Gesellschaft bereit ist, dieses Konzept zu ändern, wie bereits das Konzept von Mensch und Kultur geändert wurde. Hinderlich könnte dabei sein, dass die Medizin der Gralshüter für körperliche Definitionen ist (wie man am Urteil der Richter sieht). Und die Medizin ist fest in naturwissenschaftlichen Traditionen verwurzelt, und die Naturwissenschaft ist nahezu ebenso fest einem der wichtigsten und dominierendsten Konzepten der gesamten westlichen Welt unterworfen, welches vor Jahrtausenden in religiösen Zusammenhängen irgendwo in Persien zur Zeit Zarathustras enstanden sein muss. Der Vater vom Dualismus der Geschlechter ist letztlich der allgemeine Dualismus mit seinem "tertium non datur". Gut und Böse, Wahr und Falsch. Ein Mensch ist entweder weiblich/männlich, oder er ist nicht Mensch. Dieses "tertium non datur" besteht im Bereich der Kultur oder Rasse schon lange nicht mehr.
|ö| = KerLeone
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Mit einer Erfindung vom Mai 1941 hat Konrad Zuse gezeigt, dass ein Rechner aus einer Ansammlung von Transistoren bestehen kann. Diese Webseite wird auf ihrem Bildschirm so angezeigt, weil einige Transistoren in Ihrem Rechner eine bestimmte Stellung einnehmen. Wenn Sie mit dem, was Sie gerade auf Ihrem Bildschirm erkennen, ein Problem haben, wenden Sie sich an die Transistoren in Ihrem Rechner. Falls Ihnen die Kontrolle über die Tranistoren in Ihrem Rechner entglitten ist und Sie mit den Darstellungen auf Ihrem Bildschirm unzufrieden sind, empfehle ich Ihnen, den Rechner auszuschalten. Ich dagegen sehe mich außerstande, Verantwortung für Transistorenstellungen in Ihrem Rechner zu übernehmen (ich kenne Sie ja gar nicht).