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Von KerLeone


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[Kommentare: 3]


1.7.2008
Die Gewöhnlichkeit im Tod
Einmal sagte jemand nach dem Ende einer Vorlesung verachtungsvoll zu mir: "Sie sprechen so gewöhnlich vom TOD." - Als ob der Schrecken des TODES nicht gerade in seiner Gewöhnlichkeit läge! Dies ist sein Schrecken: daß es nichts zu sagen gibt über den Tod des Menschen (...)"

Roland Barthes: Die helle Kammer, S. 103.
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[27.09.2008] 
Gegenstände auf einer Matte
gegenstaende_matte.jpg Wenn ich in der freien Natur arbeite oder lese, so wie wie heute z.B. auf einem Feldweg in den Bergen über der westasturischen Küste bei Ballota, und nicht Tisch und Campingstuhl aufgebaut habe, sondern den Liegestuhl vorgezogen habe, dann lege ich meine Bücher und Stifte, meinen Hut oder meine Sonnebrille ungern ins Gras, sondern lieber in eine Kiste oder oft auch, wie heute, auf eine Fußmatte, wie man sie in jedem PKW findet. Heute habe ich erstmals darüber nachgedacht, warum ich das mache und wieder einmal festgestellt, wieviel Spaß es machen kann, sich tief in Belanglosigkeiten zu versenken. Die Antwort auf die Frage, warum ich eine Matte unterlege, ist nämlich keineswegs einfach - und das meine ich ernst.

Die erste Idee war, dass ich die Matte unterlege, damit die Bücher und Stifte nicht schmutzig werden. Das ist nicht ganz falsch, aber auch nicht allein richtig, da weder die Matte völlig frei von Dreck ist (es ist immerhin eine Fußmatte) und zweitens die Bücher oder Stifte auch im Gras nicht schmutzig werden.

Die zweite Idee war die, dass ich damit verhindere, dass meine Sachen im Gras verloren gehen. Zum einen verhindert die Matte ja das rein physikalische Absinken der Stifte in die Tiefe des Grases, zum anderen markiert die Matte aber auch einen Raum, auf den ich später, wenn ich die Sachen zurück ins Auto trage, meine Suche konzentrieren kann. Bereits während des Lesens erleichtert die Matte meine Arbeit, weil ich jeden Gegenstand, den ich brauche, in der begrenzten Erstreckung der Matte finde. Obwohl diese zweite Begründung eine ausreichend zufriedenstellende Antwort gibt, stellt sie etliche neue Fragen auf: Warum und wie schafft die Matte einen Raum? Welche perzeptive Grundlagen meines (angeborenen) visuellen Systems sind entscheidend dafür, dass physikalische Eigenschaften der Matte vom Gras getrennt werden können? Oder andersherum aufgezäumt: Welche physikalischen Eigenschaften der Matte sind für meine Perzeption entscheidend (Farbe, Form, Oberflächenstruktur, Haptik, Größe)? Spielen psychologische Einflüsse oder kulturelle Konzepte eine Rolle bei der Verwendung der Matte?

Um die beiden Hypothesen zu testen und mich mit den neu aufgetauchten Fragen zu beschäftigen, habe ich eine kleine Testreihe aufgebaut und meine Gegenstände mit anderen Vorkehrungen von der Wiese getrennt:
1. Ein gesäubertes und mit Steinen umgrenztes Stück Feldweg
2. Wie 1. aber mit einem Stofflumpen ausgelegt
3. Wie 1. aber mit Heu ausgelegt
4. Eine Zeitung
5. Ein umfasstes Blech


Dann habe ich meine intuitiven Reaktionen beobachtet unter dem Gesichtspunkt, ob ich meine Bücher und Stifte gerne in die alternativen Umrahmungen legen würde.

gegenstaende_steine.jpg Der mit Steinen umgrenzte Feldweg hat mir gar nicht gefallen. Hypothese 1 damit bestätigt: Der Staub macht mir tatsächlich Sorgen (Notiz an mich: Öfters mal Bücher in den Dreck legen). Als ich den Feldweg von Pflanzen säuberte, musste ich an die Yanomami-Indianer denken, die den Dortplatz um das Shabono (das Gemeinschaftshaus) und die eigenen Hütten stets penibel von Unkraut freihalten, um den Kulturraum von dem Rest der Welt, dem wilden Urwald, zu trennen. Dass das für mich nicht funktioniert hat, spricht für die kulturelle Dimension solcher Grenzziehungen.

gegenstaende_lumpen.jpgDer Stofflumpen hat diese Neurose gestillt. Schon bei der Konzeption dieser Variante hat mir die Weichheit des Stoffs intuitiv gefallen. Hier fühlen sich meine Bücher und Stifte wohl. Der leichte Schmierfettgeruch gab allerdings Abzug.

gegenstaende_stroh.jpgBei dem mit Heu ausgelegten Steinviereck wollte ich feststellen, ob ich meine Gegenstände lieber auf mir vertraute Gegenstände lege (Stofflumpen), oder ob auch spontan einbezogene Objekte diese Funktion erfüllen können. Bevor ich die Gegenstände draufgelegt hatte, schien mir diese Variante intuitiv nicht sehr sympathisch. Als das Heu aber gleichmäßig mit der Schere gestutzt und in das Steinviereck eingepasst war, bemerkte ich aber, wie mir diese Variante jenseits ihrer Zweckmäßigkeit auf einmal ästethisch gefiel. Vielleicht auch wegen der aufgewendeten handwerklichen Mühe. Mit solchen Einflüssen hatte ich bisher gar nicht gerechnet. Schließlich führte das dazu, dass die Heuoberfläche alle anderen Varianten überholte. Hier schließt sich die Frage an: Warum gefiel mir das Heu mit dem Steinmäuerchen ästethisch so gut?

gegenstaende_zeitung.jpgDie Zeitung gefiel mir überhaupt nicht, eher aus praktischen Gründen. Sie konnte das Gras nicht niederdrücken und bildete keine plane Fläche. Allerdings bemerkte ich jetzt, dass auch die Gummimatte nicht gerade liegt. Aber sie ist doch so schwer, dass sie höchstens eine leichte Welle bildet. Vielleicht störte mich auch, dass die Zeitung optisch chaotisch ist, ähnlich wie die Wiese.

gegenstaende_blech.jpgDas Blech konnte mich auch nicht überzeugen. Das war insofern erstaunlich, weil es alle praktischen Punkte perfekt erfüllt und durch die Umfassung sogar die Matte übertrifft, weil die Stifte nicht herausrollen können. Das führte mich zu der Überlegung, dass bei der Entscheidung möglicherweise eigene sensuelle Erfahrungen ersatzweise auf die abgelegten Gegenstände übertragen werden, dass wir mit anderen Worten Gegenstände gerne so betten, wie wir uns selbst betten würden: Weich und angenehm. Zumindest als Behelfskonzept.

Erstaunlich, dass man nicht einmal abschließend sagen kann, warum man so eine alltägliche Handlung macht. Mit Psychologie, Raumtheorie und Erkenntnistheorie könnte man die Frage sicher genauer beleuchten.
|ö| = KerLeone  [Kommentare: 1]

[23.09.2008] 
Die Mode der Büchertitel (frei erfunden)
15. Jahrhundert:
De iniuria

16. Jahrhundert:
Über die Ungerechtigkeit

1870:
Die Ungerechtigkeit Bd. 1-10

1920:
Versuch einer näheren Betrachtung der Ungerechtigkeit in Staat und Gesellschaft

1940:
Gerechtigkeit

1950:
Kurzer Aufsatz über die Ungerechtigkeit

1970:
Wi(e)der die Ungerechtigkeit?

1980:
Ungerechtigkeit 2000

2000:
Die ungerechte Welt

2008:
100 Ungerechtigkeiten - und was wir dagegen tun können


|ö| = KerLeone  [Kommentare: 4]

[23.09.2008] 
Männliche Sexualität
Im Umgang mit Homosexuellen sieht man sich als Mann manchmal mit derselben hirnlosen Aufdringlichkeit konfrontiert, unter der sonst nur Frauen zu leiden haben. Neulich (nicht zum ersten Mal) mit meinem Wohnmobil einen inoffiziellem Gay-Treffpunkt erwischt. Ständig kommen Autos, halten an, lassen das Radio laufen, laufen um mein Auto herum und fahren wieder (weil ich nicht aussteige). Irgendwann in der Nacht klopft es dann an der Tür. Spätestens als ich aufmache und mit gespielter Verwunderung frage, was es gäbe, hätte der Typ vielleicht mal dran denken können, dass ein ausländisches Wohnmobil vielleicht ganz ohne Hintergedanken hier stehen könnte. Aber der Typ hatte keine Zweifel. Schaut mich an, und fragt mich ins Gesicht, ob ich ihm einen blasen möchte. Ich hab freundlich abgelehnt ... aber mich im nachhinein über seine etwas unverschämte Direktheit geärgert.
|ö| = KerLeone  [Kommentare: 0]

[23.09.2008] 
Lesereise nach Portugal
lesereise_2008.jpg
Ich hab völlig vergessen, es anzukündigen, aber Stammleser wissen es ohnehin: einmal im Jahr werden die Bücher eingepackt, die man übers Jahr nicht geschafft hat und es geht mit dem alten LKW namens Mefisto durch Europa. Dieses Jahr nach Portugal. Im Gepäck: Klassische Romane (Proust, Musil, Döblin, Flaubert, Kafka, Rilke), Romantheorie und Sachbücher über die deutschen Alternativbewegungen von der Bohemien in Berlin und München bis zur Anti-Atom-Bewegung. Natürlich gibts bald auch ein paar Reisemeldungen.
|ö| = KerLeone  [Kommentare: 3]
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